Mittwoch, 21. September 2011

.: Wenn man keine Ahnung hat... :.

Die TV-Landschaft ist in der Regel ja relativ öde, zumindest was die Prime-Time angeht. Was war ich glücklich, als ich in der Programmvorschau des SWR auf eine Dokumentation namens "Fleischlos glücklich..." aufmerksam wurde. In meinem Kopf ist die elterliche Weisheite "Die öffentlich-rechtlichen haben die beste Doku-Qualität" noch fest verankert. Vorurteilsfrei, so denke ich, wird sich da den ausgesuchten Themen gewidmet, es gibt ausgewogene Berichte...deswegen saß ich voller Vorfreude und mit viel Tee auf der Couch.
Tagesschau, Wetter, endlich geht's los...
Okay, die Selbsttesterin wirkt etwas unsympathisch, aber das ist Geschmackssache.  Die üblichen Bedenken aus dem Freundeskreis an Silvester...Aha, sie erreicht endlich das Reformhaus. "Kann das schmecken?" - Was für ein wunderschönes Prachtexemplar vorurteilsbelasteten (Ver)Zweifelns. Warum macht man so ein Experiment, wenn man schon den Anblick von "Ersatzfleisch" nicht sehr appetitlich findet? Zwischenzeitlich probiert sie pflanzliche Brotaufstriche (die in der überwältigenden Mehrheit vernünftig gewürzt sind, wirklich gut schmecken und mehr in mehr Variationen in den Regalen stehen als es von Fleisch und Käse gibt). Irgendwie hab ich dann auf Durchzug geschaltet. Die Öko-Beraterin zog kaum registriert an mir vorbei, bei Björn Moschinski horchte ich kurz auf, aber das Projekt Vegane Mensa ist schon etwas älter und wird an meiner Uni eh in jeder Mensa umgesetzt (jeden Tag überall ein warmes veganes Gericht, ich lebe im veganen Uni-Himmel), und so plätscherte die Doku weiter vor sich hin. Zum Ende hin gab es dann aber ein paar Kracher.
Die Autorin fragt ihren Arzt nach dem halben Jahr Selbstversuch, welche Lebensweise er ihr für ihr weiteres Leben empfiehlt: vegetarisch oder omnivor. Wenn sie eine gute Lebensqualität gehabt hätte, würde er sie sehr darin bestärken, weiterhin vegetarisch zu leben!
Und ihr Fazit? "Ja, es hat mir gut getan. Ich bin aber froh, dass es vorbei ist", und "Ich bin jetzt Flexitarierin." Wat? Was das denn? "So nennt man Menschen, die nur selten Fleisch oder Fisch essen." Achsoo, wenn man also auch auf der vegetarischen Welle, die in immer mehr Winkel der Republik zu schwappen scheint, mitreiten, "hip" und "ökologisch korrekt" leben, aber auf Fleisch nicht verzichten will, hängt also einfach ein tarier an eine beliebige Vorsilbe, und schon kann man ein Stück des stylischen und coolen Veggie-Lebensstils für sich beanspruchen. Ist klar...
Die Autorin will jetzt auch, wenn es schon Fleisch geben soll, nur noch Biofleisch aus der Region kaufen. Bestimmt besser als Discounterfleisch aus Polen, aber der/die/das Kuh/Pute/Schwein/Lachs hätte erstens bestimmt noch gerne weitergelebt (die Lebenserwartung von diesen Tieren liegt normalerweise im doppelstelligen Bereich!), und auch beim Biofleisch für's gute Gewissen werden die Tiere nicht totgestreichelt!
Warum haben die Leute so ein Problem damit, zu ihrer Ernährung zu stehen? Dann essen sie eben Fleisch. Und? Ich kann mir was Besseres vorstellen, aber das ist eine persönliche Entscheidung. Doch auf Krampf der eigenen Ernährung krampfhaft einen ökologischen, ethisch korrekten Anstrich verleihen zu wollen, weil man einfach zu bequem ist, mal wirklich, wirklich Rezepte mit Tofu, Seitan und Soja auszuprobieren, ist schlichtweg peinlich und erbärmlich.

Liebe Fleischpflanzen. Ich kann verstehen, dass ihr nicht gerne "Omnivoren", "Omnis", "Fleisch(fr)esser" und auf andere, zum Teil beleidigende Weise betitelt werden möchtet. Aber bitte steht doch einfach zu eurem monatlichem Steak, anstatt euch sofort in Rechtfertigungen, Erklärungen und Ausreden zu flüchten, sobald ihr erfahrt, dass eurer Gegenüber Vegetarierer oder Veganer ist.
Und bitte, liebe Pescetarier. Wenn ich schon dabei bin, bitte nennt euch nicht Vegetarier, wenn ihr doch noch Fisch esst. Ein Vegetarier isst kein totes Tier, egal welche Rasse oder Gattung. Punkt. Bitte würfelt das nicht durcheinander, denn Vegetarier und Veganer müssen oft genug erstmal ein paar Sachen richtig stellen. Das Nervt.
Danke.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen