Donnerstag, 27. Oktober 2011

.: Der Junge im gestreiften Pyjama :.

Anfang des Monats bin ich über ein Buch gestolpert, dessen Verfilmung ich unbedingt gucken wollte, aber natürlich verpennt habe:

Der Junge im gestreiften Pyjama 
von John Boyne


Immer, wenn ich gefragt werde, was ich von dem Buch halte, oder wenn ich erzählen möchte, was ich an diesem Buch so fesselnd finde, fehlen mir die Worte. Ich bin schlichtweg sprachlos.

Vielleicht liegt es an der Story selbst.
Erzählt wird die Geschichte von Bruno, einem 9-jährigen Jungen, der in Berlin zur Zeit des zweiten Weltkrieges aufwächst. Er findet es gar nicht witzig, dass er umziehen muss, weil sein Vater für den "Furor" auf einmal eine wichtige Aufgabe übernehmen soll (nämlich Lagerkommandant, herzlichsten...). Bruno wird Berlin vermissen, vor allem seine Freunde. Noch schockierter ist er allerdings, als er mit seiner Familie in "Aus-Wisch" ankommt. Alles ist grau und trist und nirgends gibt es Kinder zum Spielen. Dann entdeckt er von seinem Zimmer aus einen Zaun und hinter dem Zaun unglaublich viele Menschen - und Kinder. Er findet es zwar unfair, dass die Leute den ganzen Tag im Pyjama rumlaufen dürfen, während er sich immer anziehen muss, aber dass die nicht rüberkommen dürfen zum Spielen, das versteht er noch viel weniger. Eines Tages ist ihm wieder langweilig und er macht das, was er in Berlin schon mit Freude gemacht hat: Entdecken. Er läuft den ganzen Zaun entlang, bis er sein Wohnhaus nicht mehr sehen kann - und trifft auf den "Punkt, der ein Fleck, dann ein Klacks, dann ein Schemen und schließlich ein Junge wurde", Schmuel. Der auf der anderen Seite des Zauns lebt. Sie freunden sich an, und Freunde helfen einander...

Vielleicht liegt meine Schwierigkeit, das Buch in ein paar kurzen, knackigen Sätzen zu beschreiben, auch am Schreibstil, der völlig anders ist als alle, die ich in meiner bisherigen Lesekarriere vorgefunden habe (und ich habe in meinem leben ungezählte Bücher aus unzähligen Genres gelesen, aus verschiedensten Ländern und Zeiten, von Autoren und Autorinnen aller Facetten...)
Manche Beschreibungen werden immer mal wiederholt, z.B. "die kleine Kammer, von der aus er ganz Berlin überblicken konnte, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte und am Fensterrahmen festhielt" oder das Aussehen seiner Freunde in Berlin. Allerdings verschwindet mit jeder Wiederholung ein Detail der Beschreibung, Bruno vergisst sie langsam...Die ganze Umgebung und die Ereignisse werden so herrlich beschrieben, mit so viel Abscheu, Verwirrung, Neugier…Es macht tatsächlich Spaß, diesen spaßbefreiten Ort mit Bruno zu entdecken, mit Bruno zu fühlen wie blöd und öde alles ist und wie sehr er sein Berliner Leben vermisst. Da alles aus Brunos Sicht geschildert wird, bleibt auch alles, was er nicht versteht, für den Leser verwischt. Auswisch, Furor...man erkennt zwar, was gemeint sein soll, aber dass es eben so und nicht "erwachsen" geschrieben ist, macht die kindliche Unschuld noch viel deutlicher. 

Außerdem ist der Charakter von Bruno einfach liebenswert. Er kommt mit seiner älteren Schwester Gretel nicht zurecht, die ein "hoffnungsloser Fall" ist. Er versteht das ganze Trara um den Furor nicht, den er für einen unglaublich ungehobelten Gast hält. Oder was das "Heil Hitler" soll...er nimmt an, dass "es eine andere Möglichkeit war zu sagen: Na dann, auf Wiedersehen und einen schönen Nachmittag." Oder er findet Schmuel Armbinde auch viel schöner als die seines Vaters. Oder...
Auch wenn manche eben diese Naivität Brunos zu gewollt, unrealistisch oder dumm finden, ich finde es nahezu erfrischend, mal auf eine andere Weise an das Thema herangeführt zu werden.



All diese Aspekte - Story an sich, Schreibstil, Bruno - haben dieses Buch spontan zu einem meiner großen Lieblinge gemacht.

In diesem Sinne: 
Lesen. Egal, wie ihr es findet, aber lest es!

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