Freitag, 27. Januar 2012

Record Release Max Prosa


Meine Geschichte mit Max Prosa ist noch nicht sehr alt. Vor vielleicht knapp einer Woche bin ich über eine Minivorstellung auf einer Website gestolpert, und, neugierig wie ich nun mal bin, habe erstmal Mama Youtube befragt. Flügel ging mir zunächst auch sofort ins Ohr und setzte sich fest, aber nach dem vierten oder fünften Mal hören hörte sich dieser Song auf einmal anders an. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, es war ein wenig wie der pelzige Nachgeschmack von Süßstoff auf der Zunge. Vor allem ein Video der Berlin Sessions war mir dann zuviel. Ich kam mit seiner Bühnenpräsenz nicht klar, es war mir zuviel. Zuviel Leiden, zuviel Pathos und Muskelanspannung im Gesicht. Auf einmal konnte ich ihm seine Songs noch viel weniger abnehmen.
Ich habe mir seine Website angeguckt, und der Info-Text über ihn, der - Gott sei Dank, wie man irgendwann denkt - nicht autobiografisch ist, sondern von jemand anderem geschrieben wurde, zerstörte dann alles, was von ersten Flügel-Gefühl überblieb, festzumachen z.B. an folgendem Beispiel:
Eine Mischung aus Demut und Stolz liegt in seiner Stimme, während er den Weg dorthin noch einmal Revue passieren lässt
Mag sein, dass der Schreiberling tatsächlich Demut Max' Stimme gehört hat, aber sowas schreibt man nicht, wenn der Text später auf die Homepage des Künstlers soll, und vor allem stellt man sowas nicht auf die eigene Homepage (bzw. lässt es stellen) - klingt trotz des nicht-selber-schreibens nach Selbstbeweihräucherung. 

Als ich aber in der Seitenleiste eben dieser Website gesehen habe, dass heute die Record Release Party seines Albums Die Phantasie wird siegen im Dussmann Kulturkaufhauf steigen sollte, und ich mir gratis und ohne Eintritt selbst ein Bild von der von allen Seiten als neuer Bob Dylan (z.B. hier) gefeierte und umjubelte Neuentdeckung der Singer/Songwriter-Welt machen könnte, habe ich mir eine Freundin gegriffen und sie zur Friedrichsstraße geschleppt. Nicht hundertprozentig überzeugt von dem jungen Mann waren wir beide nicht, aber auch nicht völlig abgeneigt. 
Setlist Record Release Show
Zum Konzert. Es war voller als erwartet, vielleicht an die 100 Besucher waren dort. Max stürmte irgendwann freudestrahlend samt Band die Bühne und legte gleich Flügel vor. Es folgten Bandvorstellung und sieben weitere Songs (plus eine Zugabe), von denen Als der Sturm vorbei war mein persönliches Highlight war. Aber wie es so ist, wenn ich schon mit Skepsis und damit nicht mehr unvoreingenommen zu einem Konzert komme, habe ich nicht nur auf die Musik geachtet. Die war tadellos, wenn man ein so steifes Adjektiv für Musik gebrauchen möchte, und auch das Zwischendurchgequatsche, mit dem sich manche Bands und deren Frontleute schwer tun, war witzig und sehr sympathisch - auch wenn der Gute nuschelt wie Udo Lindenberg nach zwei Wein. Worauf ich aber nachwievor nicht klarkomme, ist sein Bühnenauftreten. Ich will keiner_m Künstler_in vorschreiben, wie man sich auf der Bühne zu gebahren hat, aber eben dieses Auftreten Max Prosas hat dazu beigetragen, dass die Texte - so wundervoll lyrisch sie auch sein sollen und mögen - auf mich immer noch sehr aufgesetzt, zum Teil auch zu sehr gewollt wirken. Seine eigene Musik leben und sich von ihr hinreißen lassen ist eine Sache. Die Hände zu wringen und zu winden und zu verdrehen wie der Sohn von Der Graf von Unheilig und CAPT'N Jack Sparrow, sowie allgemeine Gestiken wie "Zeig mir wo die Kamera steht" (nachzulesen in Dan Kannedys Rock on auf Seite 63) ist eine andere, die eine Steigerung des Ernstnehmens eines Künstlers nicht unbedingt fördert. Und dann war da ja noch das Buch. Zum Song Grund des Ozeans nahm Max ein Kladdebuch in die Hand....
Erster Gedanke: "Och, nagut, hat den Text vielleicht noch nicht so drauf. Macht ja nichts."
Zweiter Gedanke: "...sind die Seiten etwa leer?" (ja waren sie, sag ich mal. Sie sahen von meinem Platz verdächtig leer aus)
Dritter Gedanke: "Aha, also eine Requisite zur Untermalung seiner Gedankenversenkung, wie im Text beschrieben. Is ja wie im Theater..."
Vierter Gedanke: "...okay, man darf auf der Bühne ja machen was man will, aber ich finds affig. Ich meine...muss das sein?"
Autogrammstunde
I know, ich bin ketzerisch, zu verbohrt und kann der Musik diese künstlerische Freiheit nicht zugestehen. Aber es gibt auch eine höhrerische Freiheit, etwas nicht zu mögen, die nehme ich hiermit in Anspruch: Das Bühnengezappel war Dreck. Sorry, Max.
Ich nehme ihm seine Musik deswegen auch nicht vollständig ab. Das Konzert hat dazu beigetragen, dass ich ihn sympathischer finde. Die CD konnte ich trotzdem nicht guten Gewissens kaufen. 
Vielleicht ist noch nicht unsere Zeit, die von Max und mir. Die Geschiche geht also weiter, die von Max und mir. Ich kann mir nach dem heutigen Abend nämlich sehr gut vorstellen, dass das nächste Album dann das ist, was die notwendige Saite in mir zum Klingen bringt. Und dann nimmt es vielleicht doch ein gutes Ende, die Geschichte von Max' Musik und mir.

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